Gastkommentar auf kath.net.
Am kommenden Wochenende treffen sich erstmals seit langer Zeit die 1001 Delegierten der CDU wieder in Präsenz. Angesichts der Verkürzung des üblicherweise dreitägigen Events auf zwei Tage, einigen Wahlen, den obligatorischen Reden und Berichten und den lange verschobenen Satzungsfragen und der Grundwertecharta dürften es dennoch eng und eine Herausforderung für die Parteitagsregie werden, den gerade drängendsten Fragen rund um die Energiekrise den angemessenen Raum zu verschaffen. Das ist unbestritten wichtig, auch angesichts der hilflosen und desaströsen Performance der Ampelregierung.
Das Hauptaugenmerk liegt ohne Zweifel auf dem neuen Vorsitzenden Friedrich Merz, der seit Anfang des Jahres nach einem fulminanten Mitgliedervotum offiziell die CDU und die Bundestagsfraktion der Union führt. Viele verbinden mit ihm eine klare Kante und ein schärferes Profil der CDU. Als Oppositionsführer im Bundestag hat er das schon einige Male bewiesen. Als Parteichef blieb er für einige, gerade auch bei seinen glühendsten Anhängern, hinter mancher Erwartung zurück.
Die Erkenntnis, dass Friedrich Merz dann doch eher der wirtschaftsliberale Macher und nicht der konservative Hardliner ist, der der CDU die Frauenquote erspart, ist mittlerweile angekommen. Er hat auch vorher nie einen Hehl daraus gemacht, dass er pragmatisch an die Dinge herangeht. Diesen Pragmatismus hätte ich mir auch bei der Anerkennung des katholischen Arbeitskreises gewünscht.
Die Partei bastelt seit 2017 an Reformen. Nach so langer Zeit soll dieser Prozess zum Abschluss gebracht werden. So beginnt auch der Antrag „Volkspartei der Zukunft: die CDU erneuern“ mit einer klaren Positionierung: Auf der alles verbindenden Basis, dem christlichen Menschenbild, sollen Strukturen und Arbeitsweisen aktuellen Entwicklungen angepasst und konkrete Antworten auf reale Probleme gegeben werden. Was dann folgt sind die Vorschläge einer Struktur- und Satzungskommission.
So wird u.a. festgestellt, dass die Vereinigungen jeweils eine sehr große Gruppe gleichgerichteter Interessen in der CDU vertreten, in ihre gesellschaftlichen Gruppen hineinwirken und die CDU insgesamt stark machen und dass diese Struktur einzigartig in der deutschen Parteienlandschaft sei und wir zu Recht darum beneidet werden. Künftig soll der Evangelische Arbeitskreis, der seit 70 Jahren Sonderorganisation der CDU ist, so eine Vereinigung werden. Das ist nach dieser Lesart auch nur folgerichtig, denn die evangelischen Christen sind jedenfalls in den östlichen und auch anderen Landesverbänden mittlerweile eine wirklich große Gruppe in der CDU. Und dann steht da noch, dass es der Kommission ein wichtiges Anliegen war, die LSU (Lesben und Schwule in der Union) mit einem festen Platz in der Organisation der CDU zu verankern.
Bei allem Verständnis für den Wunsch nach Anerkennung als gleichwertig, das Ziel ist in der Gesellschaft lange erreicht.
Was im Vorschlag allerdings fehlt, ist der katholische Arbeitskreis. Den hat man schlicht vergessen. Immerhin sind wir nicht laut und bunt, sondern einfach nur in drei Landesverbänden aktiv. Wir versuchen uns seit vielen Jahren zu vernetzen und irgendwie mitzuhelfen, dass sich Mitglieder, denen die Prinzipien der katholischen Soziallehre und die römisch-katholische Kirche insgesamt wichtig sind, bei uns noch wohlfühlen. Und natürlich auch, dass Katholiken, die keine CDU Mitglieder sind eine Anbindung bekommen. Eben genau diese Funktionen, die die Struktur- und Satzungskommission an Vereinigungen so toll findet. Also hat ein Kreisverband fristgerecht einen Antrag gestellt, den Katholischen Arbeitskreis ebenfalls im Statut zu verankern.
Solche Anträge werden dann von einer Antragskommission bewertet und für zustimmungs-, ablehnungs- oder änderungswürdig befunden. Das Schlimmste was jedoch passieren kann, dass die Antragskommission gar keine Idee hat, sich mit dem Antrag nicht befassen will oder der Antrag inhaltlich zu komplex ist. Dann wird verwiesen. Wahlweise zur Fraktion oder in den Bundesvorstand.
Aber welchen Grund sollte es schon geben, die katholischen Mitglieder weiterhin schlechter zu stellen als die evangelischen?
Umso erstaunter waren wir, als die Empfehlungen der Antragskommission veröffentlicht wurden. Dass sich die evangelischen Mitglieder künftig in einer Vereinigung und die Lesben und Schwulen in einer Sonderorganisation zusammenfinden können und auch personell und organisatorisch von der Parteizentrale unterstützt werden, findet die Zustimmung der Antragskommission. Über den Katholischen Arbeitskreis soll im Bundesvorstand beraten werden. Der ist aber gar nicht zuständig und der hatte lange genug Zeit. Also Versenkung erster Klasse!
Glücklicherweise entscheidet aber nicht die Antragskommission und auch nicht der Bundesvorstand, sondern die Delegierten. Und vielleicht sind die Delegierten ja ähnlich mutig wie bei dem Antrag zur doppelten Staatsbürgerschaft von Jens Spahn, als der Empfehlung der Antragskommission nicht gefolgt wurde.
Dann jedenfalls wären die Satzungsdebatten beendet, der Bundesvorstand und der nächste Parteitag können sich um die inhaltlich wichtigen Themen kümmern. Ein gleichberechtigtes Miteinander beider christlicher Konfessionen in der CDU wäre endlich dauerhaft gewährleistet und die Mitglieder, die sich im Arbeitskreis engagieren, erfahren endlich die Wertschätzung, die sie verdienen. Die „Christdemokraten für das Leben“ werden wir zur Zusammenarbeit einladen. Die Union wird gebraucht und will Verantwortung in diesem Land übernehmen. Jedes unserer Mitglieder ist ganz im Sinne des christlichen Menschenbildes für dieses gemeinsame Ziel gleichermaßen wichtig.
Claudia Heber
Vorsitzende Katholischer Arbeitskreis in der CDU Thüringen